Gedanken aus meinem Leben als alleinerziehende Mutter
Geht es dir so oder so ähnlich?
Hast du, was Vater-Kind-Beziehungen angeht, Gedanken, die in diese Richtung gehen?
Auf jeden Fall ging es mir so, nachdem die Beziehung zum Vater meines ersten Kindes zu Bruch gegangen ist. Ich war enttäuscht, ich war sauer! Denn ich hatte gekämpft. Ich wollte, dass die Beziehung bestehen bleibt. Für das Kind. Für meinen Sohn. Eine intakte Familie.
Nicht so wie bei mir selbst…
Meine Kindheit
Meine Eltern haben sich ziemlich früh scheiden lassen. Ich wuchs bei meiner Mutter auf. Ich war viel bei meinem Opa. An meinen Vater kann ich mich aus der Kindheit nicht erinnern. Woher auch. Ich war noch klein und Fotos gab es damals nicht viele. Und alle die es gab, hat meine Mutter aus Wut zerrissen. Weg waren sie, die einzigen Erinnerungen.
Er war bestimmt da und ich war sicherlich auch bei ihm. Erinnern kann ich mich aber erst seitdem ich was älter war und ihn besucht habe. Denn als ich 7 Jahre alt wurde, zogen wir weg. Ganz weit weg. Und aus dem regelmäßigem Sehen wurde ein Besuchen alle 2 Jahre. Das ist nicht viel.
Und wie das so ist, schreitet das Leben voran. Man ist schwer beschäftigt mit dem Studium, der Arbeit. Seinem eigenen Leben halt. Man selbst wird älter, die Eltern alt. Mein Vater wurde krank und verstarb. Ziemlich früh nach meinem Ermessen. Aber meist hat man das nicht selbst in der Hand. Zurück bleibt man mit den wenigen Erinnerungen…wie er mit mir, klein Anna, getanzt hat, meine Füße auf seinen… und als ich älter war, wie wir bis in die Nacht zusammen geredet haben.
Ich wünschte es wären mehr Erinnerungen. Viel mehr. Aber es ist so wie es ist.
Meine Entscheidung
Die eigene Erfahrung, die eigene Vergangenheit, prägt uns so sehr. Was wir erlebt haben, Gutes sowie Schlechtes, hat uns zu den Menschen gemacht, die wir heute sind. Je mehr wir uns darüber bewusst sind, desto besser können wir dies für uns nutzen, vor allem dann, wenn wir uns in ähnlichen Situationen wiederfinden.
Mein Ex-Partner war also weg. Raus aus unserem Leben. Auf jeden Fall aus meinem. Und tauchte trotzdem auf. Alle zwei Wochen. Alle zwei Wochen wurde ich daran erinnert, dass es hätte anders laufen sollen. Besser.
Gerne gibt man dem Ex die Schuld für den Bruch in der Beziehung. Für das Versagen.
Man wünscht ihm nichts Gutes und vor allem will man das eigene Kind nicht mit ihm teilen. Er ist es doch selbst Schuld. Das Vertrauen ist hin. Und nun soll ich dem Ex mein eigenes Kind anvertrauen?!
Nein. Auf keinen Fall!
Aber warte mal… dann bleibt mein Kind auch ohne Vater. Ohne schöne Erlebnisse mit dem Vater. Ohne eine Person, die mein Kind ebenfalls liebt. Ohne eine Person, die mein Kind liebt.
Aus diesen Erkenntnissen heraus, habe ich irgendwann für mich entschieden, ich möchte, dass mein Kind einen Vater hat!
Auch wenn mein Ex und ich uns getrennt haben. Auch wenn ich böse Gefühle ihm gegenüber habe – so wie es vor allem am Anfang der Fall war – ich stand drüber.
Für mein Kind.
Ich stand über meinem Ego, das verletzt war und über meinem Groll, der riesig war.
Wenn der Vater sogar von sich aus für das Kind da sein möchte, dann bin ich die Letzte, die ihn aufhält da zu sein. Egal, was uns getrennt hat und egal wer der Böse in der Beziehung war. Es gehören immer zwei zu einer Beziehung. Zu der Entstehung und zum Scheitern. Die Schuld kann man leider nicht komplett von sich weisen.
Meine Erfahrung
Wenn du schlechte Gedanken über deinen Ex hast, dann sprich bitte mit einer Freundin, deiner Mutter oder auch gerne mit einem Therapeuten darüber. Daran ist nichts Schlimmes. Manches muss einfach mal raus – gesagt werden. Aber bitte rede auf keinen Fall vor deinem Kind schlecht über seinen Vater.
Meine Erfahrung lehrt mich, dass Kinder ihren Vater lieben. Sie haben eine eigene Beziehung zu dieser Person. Da herrscht eine andere Art von Liebe. Gegen diese Liebe kommst du nicht an. Weder mit schlechten Kommentaren, noch mit Entfernung.
Gib dem Vater eine Chance sich zu kümmern
Nein, er wird wahrscheinlich nicht alles richtig machen. Und ja, er wird wahrscheinlich in deinen Augen viel falsch machen. Trotzdem oder genau deswegen, gib ihm eine Chance sich um euer Kind zu kümmern. Und gib deinem Kind die Chance einen Vater zu erfahren. Einfach nur damit dein Kind später auch für sein Kind da sein wird bzw. es besser machen kann. Lebe es richtig vor.
Ich habe diese Erfahrung gemacht und ich würde mich niemals zwischen mein Kind und seinen Vater stellen. Ich möchte nicht, dass mein Kind voller Hass gegen seinen Vater aufwächst und meinen Groll übernimmt und fortführt.
Ich möchte nicht, dass mein Kind zwischen den Stühlen steht. Es soll beide Eltern gleich lieb haben dürfen, ohne dass es von einem Elternteil dafür verachtet wird.
Und ich wünsche mir, dass mein Kind so viele Menschen wie möglich um sich rum hat, die es lieben.
Ich wünsche mir, dass mein Kind verschiedene Bezugspersonen hat. Du kannst dir einreden, was du willst, aber ein Kind braucht Mutter UND Vater. Ein Vater gibt dem Kind eine ganz andere Liebe als die Mutter. Ein Vater gibt dem Kind ganz andere Erfahrungen als die Mutter.
Und im Zweifelsfalle, bekommt das Kind sogar eine zweite Familie geschenkt, mit noch mehr Menschen, die es lieben.
Nimm dein Leben in die Hand
Schiebe deine Vorwürfe an deinen Ex-Partner beiseite. Hier geht es nur ausschließlich und alleine um das Kind. Dein Kind.
Euer Kind.
Hier geht es nicht darum, warum du den Ex nicht leiden kannst und was du ihm alles nicht gönnst.
Du kannst dich nicht rausziehen und sagen, der Andere ist der Böse und der Andere ist alles Schuld. Entweder du hast dazu beigetragen oder du hast es mit dir machen lassen. So oder so, du bist der einzige Mensch auf dieser Welt, der Kontrolle über dein Leben hat. Du allein bestimmst, was andere mit Dir machen dürfen. Du bist der Schöpfer deiner Gedanken, deiner Gefühle und deines Lebens. Du allein bestimmst, wie sehr dein Ex dich und deine Gefühle noch in der Hand hat.
Auch im Nachhinein.
Statt zu klagen, entscheide dich dafür an den Situationen des Lebens zu wachsen. Daraus zu lernen. Sieh es als eine neue Chance. Eine Chance etwas Neues anzufangen. Eine Chance daran zu wachsen.
[Zu diesem Thema möchte ich dir gerne den Podcast von Laura Malina Seiler ans Herz legen. Hier gibt es wundervolle, inspirierende Folgen, in denen sie es schafft auf ihre Art und Weise, einem die Augen zu öffnen: Wie du dein Herz wieder heilen kannst.]
Du bist ganz allein für dein Leben verantwortlich
Dieser Satz ist so enorm wichtig, daher wiederhole ich ihn gerne nochmal: Du bist ganz allein für dein Leben verantwortlich! Übernimm diese Verantwortung und freu dich darauf!
Gibst du wirklich anderen die Macht darüber was du jetzt fühlst? Den Hass in Dir. Die Missgunst. Warum willst du etwas Schlechtes fühlen? Warum willst du dich in schlechten Gefühlen suhlen? Das Opfer sein? Wer möchte bitte freiwillig das Opfer sein?
Indem du anderen aber die Schuld gibst, bist du automatisch das Opfer, weil DU die anderen über dich bestimmen lässt. Weil du das Zepter aus deiner Hand gibst und dem anderen in die Hand drückst.
Tu dir den Gefallen, so wie ich es damals an einem Punkt in meinem Leben auch gemacht habe, und nimm doch bitte dein Leben wieder selbst in die Hand. Streife die Opferrolle ab. Ab jetzt entscheidest DU wieder über deine Gefühle. Und du willst gute Gefühle haben! Du willst wieder Freude verspüren, glücklich sein und Liebe fühlen! Das alles ist nicht möglich, solange du noch Groll gegenüber deinem Ex hegst. Leg es ab. Verzeih. Tue es für dich!
Die Art wie du denkst bestimmt dein Schicksal. Achte darauf wie du denkst. Da wo du jetzt bist, da willst du sein, ansonsten wärst du ja woanders, oder?
[Christian Bischoff hat hierzu eine tolle Podcast-Folge veröffentlicht: Wie du glücklich bist, egal, was passiert. Hier lohnt es sich für dich auf jeden Fall mal reinzuhören.]
Gemeinsam für das Kind
Denk an die ganzen Vorteile, die es bringt, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Es ist so viel einfacher über das Kind zu reden, wenn man MITEINANDER reden kann. Und manchmal ist es wichtig sich über das Kind auszutauschen, vor allem, wenn die Kinder noch klein sind.
Egal was da zwischen euch gewesen ist, Aggressionen oder Untreue oder was auch immer. Es ist allein zwischen euch. Lass es nicht zum Problem deines Kindes werden.
Du hast dir dieses Leben ausgesucht. Deine Seele wollte diese Erfahrung machen. Mache sie und lerne daraus. Gehe mit einem erhobenen Kopf weiter. Mache dein Problem und deine Erfahrung nicht zu dem deines Kindes. Es wird seine eigenen machen müssen.
Nun denk auch mal kurz an deine eigene Kindheit zurück. War dein Vater für dich da? Nein?
Das tut mir sehr leid. Aber möchtest du deinem Kind denn das gleiche antun?
Und wenn dein Vater doch für dich da war, wünschst du deinem Kind nicht das Gleiche? Ähnlich schöne Erfahrungen und Erinnerungen zu machen?
Nutze die Chance
„Das Geheimnis der Veränderung ist, alle Energie nicht auf die Bekämpfung zu legen, sondern auf den Aufbau des Neuen.“
– Dan Millman (Way of the Peaceful Warrior: A Book that Changes Lives)
Und mal im Ernst, gönn DIR eine Auszeit. Nimm diese Möglichkeit an, dass der Vater das Kind über das Wochenende holt und gönn‘ dir eine Auszeit. Treffe dich mal wieder alleine mit deinen Freunden. Sie werden froh sein, mal wieder mit dir zu reden, ohne ständig von einem Kind unterbrochen zu werden.
Oder verbringe wieder etwas Zeit mit dir ganz alleine. Das tut sooooo gut! Wieder alte Hobbys aktivieren oder neue ausprobieren. Vielleicht sich beim nächstgelegenen Tennisclub, im Tanzverein oder beim Chor anmelden und neue Leute kennenlernen. Oder bist du der Lettering oder Näh-Typ? Probier es mal aus. Es gibt deinem Leben wieder etwas Würze und du freust dich auf diese Zeit für dich. Alle zwei Wochen die Batterien wieder aufladen und fit und bereit zu sein für die neue Woche mit deinem Kind.
Schlussgedanke
Auf dieser Welt, wo so viele mit sich selbst beschäftigt sind, sei du die Person, die an dein Kind denkt.
Auf dieser Welt, in der die meisten viel zu viel mit ihrem eigenen Ego beschäftigt sind, gib deinem Kind die Chance Vaterliebe zu erfahren.
Auf dieser Welt, in der so viele sich in erster Linie nur um sich selbst kümmern, gib dem Vater die Chance, sich um sein Kind zu kümmern.
Dieser Artikel ist meinem Papa gewidmet, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Heute wäre er 61 Jahre alt geworden.
[PS: Sollte dein Ex-Partner aggressiv sein, melde dich bitte beim Jugendamt.]„Those we love don’t go away,
They walk beside us every day.
Unseen, unheard but always near,
Still loved, still missed and very dear.“